Aufreger
Es war einmal
Es war einmal eine Tierpension, die besonders groß werden wollte. Das gelang auch. Ein ganzes Dorf für Tiere entstand.
Das Pfötchenhotel in Beelitz machte sich schnell einen Namen – weit über die Spargelstadt Beelitz hinaus:
Richtig schöne Anlagen, toller Zustand, viele gute Ideen und Angebote, die es woanders nicht gab. So wurden z.B. Hunde sogar mit einem LKW aus Berlin zum Tagessitting abgeholt. Während der Fahrt konnten sie sich bei Musik entspannen.
Weil das Tierheim Potsdam den Bach runtergegangen war, musste die Fundtierbetreuung für die Stadt Potsdam neu geregelt werden.
Das Pfötchenhotel in Beelitz erhielt den Auftrag.
Nach einiger Zeit merkte man auch im Pfötchenhotel, was Tierheime längst wissen: mit Fundtierbetreuung kann man kein Geld verdienen. Es gibt im gesamten Bundesgebiet kaum eine Stadt, die die Kosten für die Betreuung von Fundtieren angemessen erstattet. Das muss jede Kommune eigentlich tun, denn Fundtierbetreuung ist eine sogenannte Pflichtaufgabe. Dafür stellt der Staat Geld bereit und außerdem hat jede Kommune Einnahmen aus Hundesteuern – und die sind oft beträchtlich!
Doch die Kommunen verwenden diese Gelder lieber für andere Dinge, denn seit Jahrzehnten haben sie gelernt: die Tierschützer kriegen das schon irgendwie hin mit den Fundtieren. Ja, die Tierheime nehmen meist Spendengelder, um die Fundtierbetreuung zu gewährleisten. Das ist natürlich auch nicht sauber, denn Spender möchten ja nicht für die Aufgaben der Kommune spenden, sondern für den Tierschutz. Aber die wenigsten Spender kennen diese Zusammenhänge.
Eine gewerbliche Einrichtung wie das Pfötchenhotel Beelitz hatte aber keine Spenden und mit Fundtieren kann man eben kein Geld verdienen. Und wenn dann vielleicht noch andere Fehlentscheidungen hinzukommen, geht man schnell pleite.
Das Pfötchenhotel mit all seinen schönen Anlagen wurde geschlossen.
Das war natürlich eine fette Story für alle Blätter: Tränen und Tiere ziehen immer.
Ein langjähriger Gassigeher, der ab und zu aus Berlin zu uns kam, rief an. Er hatte eine Woche Urlaub genommen und sich in einem Hotel in der Nähe von uns eingemietet, um jeden Tag genügend Zeit für Gassitouren zu haben. Wir freuten uns sehr. Doch er wollte sich nur in Ruhe von uns und den Tieren verabschieden, wenn er dann nicht mehr kommen kann. O je, war er so krank?
Nein, nein, meinte er, wir würden doch schließen, es stand doch in der Zeitung. Ach so? Beelitz? Nicht Belzig?
Unser Tierheimleiter wurde beim Nachhausekommen von Nachbarn angesprochen, wie leid es ihnen täte, dass wir schließen müssten … Es stand doch in der Zeitung.
Das alles liegt über 10 Jahre zurück, aber uns fällt immer wieder auf: manche Informationen werden falsch in den Medien berichtet. Aber selbst wenn alles richtig dargestellt wird, heißt das noch lange nicht, dass auch alle richtig lesen.
Aktuell 2025:
Die Katze Sissi auf unserer Webseite guckt so süß auf dem Foto. Neben ihrem Foto steht zwar deutlich lesbar: sie wird nicht allein vermittelt, sondern nur gemeinsam mit einem ihrer Geschwister. Aber die Interessenten wollen nur Sissi. Nein, vermitteln wir nicht einzeln. Na gut, dann nehmen sie eben beide und mit der zweiten müssen sie dann halt sehen, wo sie die dann … Hat sich für uns erledigt.
Der junge Mann, der vor der Tür steht und seine Mappe zum vereinbarten Vorstellungsgespräch mitgebracht hat … Nein, wir erwarten keinen Bewerber.
Das Pärchen am Tor, das gestern mit Frau Müller-Meyer-Schulze telefoniert hat, dass sie heute um 11 Uhr ihren Hund abgeben können … Eine Frau Müller-Meyer-Schulze arbeitet bei uns nicht.
Die Quereinsteigerin, die gern bei uns arbeiten möchte, wohnt laut ihrem Lebenslauf fast 100 Kilometer entfernt. Ob sie umziehen möchte? Nein. Es sind doch nur 35 km, das kriegt sie locker hin. Sie weiß doch genau, wo wir sind. (Oder eben doch nicht.)
Die 1-Sterne-Bewertung bei google, in der wir runtergemacht werden, obwohl die Verfasser uns völlig unbekannt sind, an dem geschilderten Tag keine Besucher im Tierheim waren, der beschriebene Mitarbeiter bei uns nicht existiert …
Aber wir wollen uns hier gar nicht über andere mokieren, denn allzu oft haben wir uns schon in unseren eigenen Reihen ertappt, dass wir nicht richtig hinhören, nicht richtig lesen, nicht richtig mitdenken.
Und dann nehmen wir uns immer vor: lieber nochmal Fakten checken, bevor wir uns in kollektive Empörungswellen stürzen.